27. FILMFEST HAMBURG – DIE PREISTRÄGER 2019

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27. FILMFEST HAMBURG – DIE PREISTRÄGER 2019


Heute ging das 27. FILMFEST HAMBURG mit der Verleihung der Preise im Rahmen der feierlichen Abschlussveranstaltung im CinemaxX Dammtor um 19 Uhr zu Ende. Der Abschlussfilm ist Sorry We Missed You von Ken Loach, ein Drama über Ausbeutung in der Paketbranche und deren Auswirkungen auf eine britische Familie.

144 Filme, 332 Filmfest-Gäste aus 33 Ländern, eine neue Explorer Konferenz zur Zukunft des Kinos, »Filmfest ums Eck« mit Filmen in den Stadtteilen, Filmgespräche, Aftershow-Konzerte mit Hamburger Bands und über 20 Publikums- und Branchenveranstaltungen im Festivalzelt: FILMFEST HAMBURG konnte Publikum und Branche gleichermaßen begeistern und zieht positive Bilanz. Mit 45.000 Besuchern kann ein Zuwachs von 2000 Festivalbesuchern gegenüber dem Vorjahr verzeichnet werden. Bereits am vierten Tag wurde der Douglas Sirk Preis an Nina Hoss verliehen. Die deutsche Schauspielerin war in gleich zwei Filmen zu sehen: Pelikanblut, Regie: Katrin Gebbe und Das Vorspiel, Regie: Ina Weisse.

PreisträgerInnen

Der mit 25.000 dotierte Hamburger Produzentenpreis »Deutsche Kinoproduktionen«, übergeben von Staatsrätin Jana Schiedek, geht an die Produzentin Verena Gräfe-Höft für ihren Film Pelikanblut, Regie: Katrin Gebbe.

Jurybegründung: »Die Regisseurin entscheidet sich in ihrem Film für zwei Handlungsstränge, die für sich stehend schon außergewöhnlich und radikal sind. Der eine zeigt die Ausbildung von Polizeipferden für Demonstrationen und der andere eine alleinerziehende Mutter eines schwer traumatisierten Adoptivkindes. Das Herausragende an diesem Film ist nicht nur die Wechselwirkung dieser beiden Stränge, sondern deren so noch nicht gesehene sinngebende Zusammenführung, Auflösung, ja, geradezu Erlösung, die von einer großartigen Nina Hoss erkämpft wird. Diesen Mut, inhaltlich, visuell und produktionell möchten wir auszeichnen.«

Jurybegründung: »Die Regisseurin entscheidet sich in ihrem Film für zwei Handlungsstränge, die für sich stehend schon außergewöhnlich und radikal sind. Der eine zeigt die Ausbildung von Polizeipferden für Demonstrationen und der andere eine alleinerziehende Mutter eines schwer traumatisierten Adoptivkindes. Das Herausragende an diesem Film ist nicht nur die Wechselwirkung dieser beiden Stränge, sondern deren so noch nicht gesehene sinngebende Zusammenführung, Auflösung, ja, geradezu Erlösung, die von einer großartigen Nina Hoss erkämpft wird. Diesen Mut, inhaltlich, visuell und produktionell möchten wir auszeichnen.«

Jury:
Ilkar Çatak, Regisseur
Sebastian Thümler, Filmeditor
Susanne Wolff, Schauspielerin

Für den Hamburger Produzentenpreis »Deutsche Kinoproduktionen« waren insgesamt sieben Filme der Sektion »Große Freiheit« nominiert. Das Preisgeld wird von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung gestellt.

Der mit 25.000 Euro dotierte Hamburger Produzentenpreis »Europäische Kino-Koproduktionen« , übergeben von Staatsrätin Jana Schiedek, geht an den Deutschen Koproduzenten Michael Henrichs (Die Gesellschaft DGS) für seinen Film You Will Die at Twenty, Regie: Amjad Abu Alala.

Auszug aus der Jurybegründung: »Ausgehend von einer märchenhaften Prämisse kombiniert der Regisseur dieses Films Realität und Fantasie, indem er anhand eines intimen Porträts ein soziales Umfeld sorgfältig beobachtet. Mit einer Komposition präziser Bilder und Inszenierungen liefert die Bildsprache des Films dem existentiellen Kampf der Hauptfigur, hervorragend in zwei Lebensaltern gespielt von Moatasem Rashid und Mustafa Shehata, eine fast epische Qualität. Obwohl der Film auf die unausweichlichen Folgen von Aberglaube und Angst eingeht, behält er einen würdevollen und emphatischen Blick auf den ländlichen Sudan. Diese Entwicklungsgeschichte eines jungen Mannes im Angesicht des Todes ist ein mutiges und vielversprechendes Debüt und eine Meisterleistung in internationalen Koproduktionen…«

Darüber hinaus stellt die Hamburger Postproduktionsfirma Optical Art ein Kino-Grading im Wert von 15.000 Euro für den ausländischen Koproduzenten des Gewinnerfilms zur Verfügung. Dieses geht an die französische Firma Andolfi mit Sitz in Paris.

Jury:
Ivan Madeo, Produzent, Schweiz
Ivan Marković, Regisseur und Kameramann, Serbien, Deutschland
András Siebold, Künstlerischer Leiter des Internationalen Sommerfestivals Kampnagel, Deutschland

Für den Hamburger Produzentenpreis »Europäische Kino-Koproduktionen« waren insgesamt neun Filme der Sektion »Freihafen« nominiert. Das Preisgeld wird von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung gestellt.

Mario: Thomas Schubert, © Sutor Kolonko

Der mit 25.000 Euro dotierte Hamburger Produzentenpreis »Deutsche Fernsehproduktionen«, übergeben von Alexander Thies, Vorsitzender des Aufsichtsrats der VFF – Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten, geht an den Produzenten Ingmar Trost (Sutor Kolonko e.K.) für den Fernsehfilm Das freiwillige Jahr, Regie: Ulrich Köhler und Henner Winckler.

Auszug aus der Jurybegründung: »Das freiwillige Jahr ist ein hochemotionaler, dichter, humorvoller Film. Die scheinbar gewöhnliche Geschichte einer Vater-Tochter-Beziehung mitten in der deutschen Provinz entwickelt sich mit immer überraschenden Wendungen zu einem Roadmovie, ohne dass weggefahren wird. Jede Figur funktioniert. Jeder noch so kleine Darsteller entwickelt eine mit präzisen, authentischen, dem Leben abgeguckten Gesten eine innere Stimmigkeit, die wir so im Deutschen Fernsehen selten sehen. …Produzent Ingmar Trost und die Sutor Kolonko Produktion hat den Regisseuren und dem Team einen wahrlich kreativen Raum geschaffen, um mit Das freiwillige Jahr einen Film herzustellen, wie wir unbedingt mehr im Fernsehen sehen wollen! Macht weiter so! «

Jury:
Natja Brunckhorst, Drehbuchautorin und Regisseurin
Ilona Schultz, Produzentin
Friedrich Wildfeuer, Produzent

12 Filme aus der Sektion »Televisionen« waren für den Hamburger Produzentenpreis für Deutsche Fernsehproduktionen nominiert. Das Preisgeld in wird seit 2014 von der VFF – Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten zur Verfügung gestellt.

Der mit 10.000 Euro dotierte Sichtwechsel Filmpreis, gestiftet vom Auswärtigen Amt, geht an den Regisseur Julien Elie für seinen Film Dark Suns. 

Jurybegründung: » Ein umwerfender Film, nicht nur aufgrund der Relevanz und Brisanz seines Themas, sondern aufgrund des unbedingten Willens, es in aller Tiefe auszuloten, Zusammenhänge aufzuzeigen, die ein politisch alarmierendes, sehr deutliches Bild der gesellschaftlichen Zustände in Mexiko zeichnen. Ein mutiger Film: Unglaublich, wieviel Vertrauen Julien Elie bei den betroffenen Zeitzeug*innen aufbauen konnte, die sich trotz deutlich beschriebener Gefahren in intimstem Schmerz offenbaren. Ein komplett uneitler Film, der bei aller Professionalität der Recherche die gewählten Mittel ausschließlich der Transparenz des Sujets unterordnet und dabei nie die Perspektive der Protagonist*innen, noch die der Zuschauer*innen missachtet. Die Vielstimmigkeit der Recherche ergibt das Portrait eines willkürlichen Gewalt- und Terrorsystems. Gleichzeitig impliziert der Film einen Sichtwechsel, insofern er die Möglichkeit und die gelebte Realität von individuellem Widerstand dokumentiert. Darin liegt seine monolithische Stärke. «

Jury:
Sławomir Sierakowski, politischer Autor und Aktivist
Rita Thiele, Chefdramaturgin am Deutschen Schauspielhaus
Tatjana Turanskyj, Regisseurin und Mitbegründerin von »Pro Quote Film«

Der mit 5.000 Euro dotierte Preis Der Politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung geht an den Regisseur Sebastian Brameshuber für seinen Film Bewegungen eines nahen Bergs.

Auszug aus der Jurybegründung: »… Es ist ein Film, der in den Bann zieht, der ganz einfach glücklich macht. Seine Themen sind die großen unserer Zeit: Globalisierung, Kapitalismus, Migration, Rohstoff-Ausbeutung und Wiederverwertung. Regisseur Sebastian Brameshuber aber konzentriert sich auf einen Protagonisten und einige wenige Andere, er erzählt eine kleine, kraftvolle Geschichte, die voll überraschender Wendungen ist. Mit großem Respekt nähert er sich seinen Figuren, ohne sie auszustellen und lässt so Raum für Imagination. Im Zentrum steht ein Mann aus Nigeria. Er lebt und arbeitet in der Steiermark auf einem Schrottplatz am Fuß eines Erzbergwerks. …Das Ausweiden der Autowracks geschieht in souveräner Gelassenheit. Mit tausendfach eingeübten Handgriffen gleicht es einem poetischen Akt… Die Verkaufsverhandlungen am Ort mit Schrotthändlern aus Ungarn oder Rumänien scheinen nie zu einem Abschluss zu kommen, die Kamera beobachtet sie diskret, wiederum voller Achtung, als handele es sich um ein Ritual aus vergangenen Zeiten. Gleiches gilt für die Verhandlungen auf einem Markt in Afrika. Der nigerianische Schrotthändler aus der Steiermark blickt auf die Umstehenden und sagt: Wenn ihr alle auch kaufen würdet, wäre ich längst wieder zurück in meiner Heimat.“ Wo diese ist, bleibt offen. Wie gesagt, ein Film der glücklich macht.«

Jury:
Barbara Duden, Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft
Catarina Felixmüller, Journalistin
Helena Wittmann, Regisseurin

Der mit 5.000 Euro dotierte NDR-Nachwuchspreis für Langfilmdebüts oder zweite Regiearbeiten geht in diesem Jahr an den Regisseur Mehdi M. Barsaoui für seinen Film Ein Sohn.

Jurybegründung: »Wir haben in diesem starken Nachwuchs-Jahrgang eine ungeheure Vielfalt der Themen und Handschriften erlebt und bemerkenswerte Filme von allen Kontinenten gesehen, die uns mit ihrer Kraft fremde Kulturen sehr nahe gebracht haben. Unserem Preisträger ist das in ganz besonderer Weise gelungen. Ein Sohn, das erstaunlich reife Spielfilmdebüt des Tunesiers Mehdi M. Barsaoui, erzählt ergreifend die Geschichte einer modernen Familie, die durch einen furchtbaren Schicksalsschlag auf archaische Verhaltensregeln zurückgeworfen wird. Mit seinen zahlreichen, klug durchdachten Twists – Barsaoui schrieb auch das Drehbuch – wird die hochkomplexe Geschichte immer dichter und packender, ohne sich je in der gesellschaftlichen und sozialen Vielschichtigkeit zu verlieren. Vor allem aber hat uns dieses hervorragend gespielte und gefilmte Werk in jeder Minute gefesselt, aufgewühlt und schlichtweg nicht mehr losgelassen.«

Jury:
Marc Brummund, Regisseur
Knut Elstermann, Radiomoderator und Filmjournalist
Dagmar Jacobsen, Produzentin

Der mit 5.000 Euro dotierte Art Cinema Award des Internationalen Verbands der Filmkunsttheater (C.I.C.A.E.), geht an den Film Porträt einer jungen Frau in Flammen, Regie: Céline Sciamma, Verleih: Alamode.

Jurybegründung: »Einfühlsam, präzise und mit großer Leichtigkeit entführt uns Céline Sciamma auf eine bretonische Insel des 18. Jahrhunderts und erzählt von der Entstehung eines Gemäldes und der Liebe, die sich zwischen der Malerin und der Portraitierten entwickelt. Die Kamerafrau Claire Mathon findet eine ganz eigene Bildsprache und gestaltet jede einzelne Einstellung wie ein eigenes Gemälde. Konsequent und kunstvoll sind die Themen dieses formvollendeten Liebesfilms auf allen Ebenen verwoben und die Chemie der beiden Hauptdarstellerinnen Noémie Merlant und Adèle Haenel überträgt sich mühelos auf die Leinwand. In der Vergangenheit angesiedelt, verhandelt Porträt einer jungen Frau in Flammen Themen, die auch gegenwärtig noch universelle Bedeutung haben: Gesellschaftliche Zwänge, Rollenbilder, Vergänglichkeit und Erinnerung oder die Macht des Abbilds. Der Film ist nicht nur eine große Liebesgeschichte, wie wir sie im Kino schon länger nicht gesehen haben, sondern auch eine Ermutigung für ein anderes Sehen, das von Aufrichtigkeit und Erkennen-Wollen geprägt ist. Porträt einer jungen Frau in Flammen hat uns mit seiner Art des Erzählens sowohl inhaltlich als auch visuell voll und ganz überzeugt und verzaubert.«

Jury:
Bénédicte Latinaud, Cinema Le Bourguet Forcalquier, Frankreich
Stefan Messner, Moviemento & City Kino Linz, Österreich
Iris Praefke, Kino Central, Kino Moviemento & Kino Toni Berlin, Deutschland

Der Preis der Filmkritik , der seit 2018 in Zusammenarbeit mit dem Verband der deutschen Filmkritik vergeben wird, geht an Leben im Fuchun Gebirge, Regie: Gu Xiaogang

Jurybegründung: »Wir freuen uns, Gu Xiaogang für sein Familienepos Leben im Fuchun Gebirge mit dem Preis der Filmkritik auszuzeichnen. Er erzählt von einer chinesischen Großfamilie und gleichzeitig von einem ganzen Land – mit seinem historischen Erbe wie der Ein-Kind-Politik und seinen gegenwärtigen Problemen wie dem Wandel zwischen den Generationen. Das alles zeigt Gu Xiaogang in poetischen, eleganten Einstellungen. Die Erzähltstränge fließen ineinander, aufsteigend und absteigend wie die Wasser des Fuchun-Flusses, an dessen Ufer das Epos spielt. Wir bewundern die Reife und Ausgewogenheit von Leben im Fuchun Gebirge, zumal es ein Erstlingsfilm ist. Das Beste aber an diesem Preisträger ist: Er ist der erste Teil einer Trilogie.«

Jury:
Olga Baruk, critic.de, Filmdienst, Filmbulletin
Jens Büchsenmann, NDR 90,3, NDR Kultur
Karin Franzke, Hamburger Abendblatt
Wenke Husmann, ZEIT online
Hannah Pilarczyk, SPIEGEL online
Anke Sterneborg, Süddeutsche Zeitung, rbb Kulturradio
Julia Teichmann, Berliner Zeitung, Filmdienst

Der mit 5.000 Euro dotierte Commerzbank-Publikumspreis im Rahmen der Sektion »Eurovisuell« geht an Psychobitch, Regie: Martin Lund

Der mit 5.000 Euro dotierte MICHEL Filmpreis, bereits am Nachmittag vergeben von der Hamburgischen Kulturstiftung und der Ian und Barbara Karan Stiftung, geht ebenfalls an Psychobitch, Regie: Martin Lund.

Jurybegründung:»Wir haben uns eine Woche lang großartige Filme angesehen. Wir hatten eine schwere Entscheidung zu treffen, doch am Ende war uns klar, dass uns dieses Jahr ein Film besonders gut gefallen hat. Wir haben uns für den Film entschieden, weil sensible Themen wie psychische Krankheiten, Oberflächlichkeit, Sexualität und Mobbing, einfühlsam und nachvollziehbar dargestellt wurden. Dank der großartigen Darstellerleistung von Jonas Tidemann und Elli Müller Osborne konnte man sich gut in die Rollen hinein versetzen und mitfühlen. Die Geschichte hat uns von ihrer ersten Sekunde in ihren Bann gesogen und uns bis zum Schluss nicht los gelassen. Hinzu kommen auch noch passende Bilder und eine tolle Inszenierung. Der Titel verwirrt etwas, aber spiegelt den Inhalt wieder. «

Das 28. FILMFEST HAMBURG findet vom 24. September bis 3. Oktober 2020 statt.



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