/SLASH EINHALB FILMFESTIVAL 2017

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/SLASH EINHALB FILMFESTIVAL 2017


Es war einmal die Wirklichkeit …

In der Realpolitik von katastrophaler Konsequenz und besorgniserregender Blödheit, in der Kunst durchaus wünschenswert: #alternativefacts sind Fleisch und Knochen des Fantastischen Films, ein Insistieren, dass sich hinter der wahrnehmbaren Wirklichkeit noch andere Wahrheiten verschanzen, die nur vermittels des Fantasieapparats an die Oberfläche, auf die Leinwand gezerrt werden können.

Das /slash einhalb serviert auch heuer wieder zwölf Alternativen zum Besenkammerrealismus, herausragende und verhaltensauffällige Produktionen, die sich auf jeweils eigene unverwechselbare Art den Verwerfungen und Zerwürfnissen der Gegenwart annähern: werdende Mütter, die spitze Klingen in Halsschlagadern versenken (PREVENGE), Alkoholiker, die via Selbstzerstörung über sich selbst hinauswachsen (RON GOOSSENS, LOW BUDGET STUNTMAN), lesbische Terrorzellen, die sich von innen heraus selbst zersetzen (THE MISANDRISTS), Politiker, die auch angesichts einer monströsen Bedrohung nicht über den eigenen Tellerrand blicken können oder wollen (SHIN GODZILLA), in die Enge Getriebene, die sich, anstatt zusammenzuhalten, gegenseitig sabotieren (EL BAR).

Das Fantastische Kino lehrt Vorsicht: Spontanen Gefühlsaufwallungen ist ebenso wenig zu vertrauen wie Massenstrommeinungen. Stattdessen fordern die /slash einhalb-Filme eine Haltung ein – zu sich selbst, zu den Mitmenschen, zur Welt um einen herum, und das durchaus im moralischen, humanistischen Sinn. Gepredigt wird nicht, stattdessen suchen und finden wir die Essenz der Dinge im Balkenbiegen und Fetzenfliegen: Kopfschuss und Kastration, Bauchstich und Vollrausch, Häusersturz und psychotropische Ekstase.

Die Lektion lautet, in einer Welt, in der wahr zu falsch wird und falsch zu wahr, wo #fakenews und #alternativefacts als neue Chiffren des alten Propagandamonstrums in der Kühle der digitalen Welt fröhliche Urständ feiern, da müssen wir uns selbst verlieren, bevor wir uns wiederfinden können.

P R O G R A M M :

Zum vierten Mal stürmen wir bereits im Frühjahr das Filmcasino, um euch einen Querschnitt des internationalen Fantastischen Films zu geben und euch Gusto zu machen auf das /slash Filmfestival im Herbst.

Österreich-Premiere
DEAREST SISTER
Nong Hak | LAO/EST/F 2016 // 101 Min
Regie Mattie Do
mit Amphaiphun Phommapunya, Vilouna Phetmany, Tambet Tuisk u.a.
Format DCP / Sprache OmeU

Um ihre Familie zu unterstützen, soll Nok, ein Mädchen vom Land, ihre Großstadtcousine pflegen. Die erblindet langsam und steht seitdem in Kontakt zur Geisterwelt. Als Nok herausfindet, dass Ana nach ihren unheimlichen Begegnungen die korrekten Lottozahlen voraussagt, entspinnt sich ein abgründiges Drama um Solidarität und Sozialneid. Mattie Do erzählt mit viel Lokalkolorit von ihrer zerrissenen Heimat. DEAREST SISTER ist essenzielles Horrorkino und eine Pionierarbeit: Mattie Do ist nicht nur die erste Regisseurin aus Laos, ihre zweite Regiearbeit ist zudem der erst dreizehnte (!) Film, der jemals in dem asiatischen Land produziert worden ist.

Österreich-Premiere
SHIN GODZILLA
Shin Gojira | J 2016 // 120 Min
Regie Hideaki Anno, Shinji Higuchi
mit Hiroki Hasegawa, Yutaka Takenouchi, Satomi Ishihara u.a.
Format DCP / Sprache OmdU

Es rummst unter Wasser und bald ist klar, dass sich ein Monster auf Japan zubewegt. Sein Name ist Legende: Godzilla. Die Regierung diskutiert in Sitzung über Sitzung was zu tun ist, während Gojira eine Spur der Verwüstung nach sich zieht. SHIN GODZILLA führt das berühmteste Monster der Filmgeschichte zurück zu seinen Wurzeln: Im Post-Fukushima-Japan ist das Bild einer selbst angesichts einer nationalen Katastrophe zerfransten politischen Elite idealer Nährboden für Godzilla. So gesehen, ist diese Neufassung des altgedienten Monstrums ganz nah dran an Ishiro Hondas Klassiker, dessen Filmmusik dann auch den Abspann von SHIN GODZILLA begleitet.

Österreich-Premiere
XX
CDN/US 2017 // 80 Min
Regie Roxanne Benjamin, Karyn Kusama, St. Vincent, Jovanka Vuckovic
mit Natalie Brown, Melanie Lynskey, Lindsay Burdge u.a.
Format DCP / Sprache OF

Der Schmäh dieser Horror-Anthologie, nämlich dass nur Regisseurinnen daran arbeiteten, führt bei XX nicht zu missionarischem Leerlauf oder kraftlosem PC-Gepose: Das Kuriositäten-Quartett erzählt von Monstern und Monströsem innerhalb und außerhalb von Kernfamilien und zeigt sich dabei so divers, bunt, radikal und intelligent in Form und Inhalt, dass sämtliche biologistischen Interpretationsschablonen zerbröseln müssen. Jedenfalls: Eine formidable Leistungsschau als guter Grund, diese Femmes Fatales so lange mit Geld zu bewerfen, bis es nichts Außergewöhnliches mehr ist, eine Horror-Regisseurin zu sein.

RON GOOSENS, LOW BUDGET STUNTMAN
NL 2017 // 83 Min
Regie Steffen Haars, Flip van der Kuil
mit Tim Haars, Bo Maerten, Michiel Romeyn u.a.
Format DCP / Sprache OmeU

Zundert ist Heimat zweier großer Söhne: Vincent van Gogh und Ron Goossens. Letzterer wird zur Sensation, nachdem er sturzbesoffen bei einem Auto-Stunt verunglückt und unverletzt überlebt. Seine Frau ist allerdings unbeeindruckt und stellt ihm ein Ultimatum: Damit sie ihn weiterhin interessant findet, muss Ron das Schauspiel-Starlet Bo Maerten ins Bett kriegen. Also heuert Ron als Stuntman beim holländischen Film an. Die NEW KIDS-Macher Steffen Haars und Flip van der Kuil greifen mit ihrer tiefergelegten Anarchokomödie bis zum Ellbogen in den Enddarm der niederländischen Seele und zelebrieren den Schockreiz des politisch unkorrekten Spaßmachens.

THE BAR (El bar)
E 2017 // 102 Min
Regie Álex de la Iglesia
mit Blanca Suárez, Mario Casas, Terele Pávez u.a.
Format DCP / Sprache OmeU

Eine Handvoll Großstadtpflanzen landet aus verschiedenen Gründen in einer abgerockten Madrider Café-Bar. Als der erste von ihnen gehen will, wird ihm direkt vor der Tür in den Kopf geschossen. Kurz darauf ist die Leiche verschwunden, die Straßen sind wie leergefegt. Ein terroristischer Angriff? Drinnen regieren jedenfalls Angst und Ahnungslosigkeit. Aber all das ist erst der Anfang. Der spanische Dauerbrenner Álex de la Iglesia startet seine Paranoia-Groteske EL BAR wie eine Episode der Kultfernsehserie THE TWILIGHT ZONE: Aber anstatt die Situation mit einem Twist aufzulösen, dreht er immer mehr Spannungsseil von der Kordel ab.

PREVENGE
GB 2016 // 88 Min
Regie Alice Lowe
mit Alice Lowe, Gemma Whelan, Kate Dickie u.a.
Format DCP / Sprache OF

Die vierzigjährige Alice Lowe ist die vielleicht coolste Socke im britischen Kino. Zusammen mit Steven Oram verfasste sie das Drehbuch zu Ben Wheatleys Serienkillerkomödie SIGHTSEERS, in ihrem Debüt-Spielfilm PREVENGE spielt sie—selbst im siebten Monat—jetzt die hochschwangere und hochgradig wahnsinnige Witwe Ruth. Das Ungeborene meldet sich bei der nicht nur hormonell Herausgeforderten mit Quietschestimme und sagt an, in welches Opfer sie ihr Messer als nächstes stechen soll. Prevenge vermengt grelle Slasher-Elemente mit noch grellerem Humor zur möglicherweise sogar kathartischen Geburtsvorbereitungssatire.

Österreich-Premiere
ANOTHER WOLFCOP
CDN 2016 // 82 Min
Regie Lowell Dean
mit Leo Fafard, Amy Matysio, Jonathan Cherry u.a.
Format DCP / Sprache OF

Wenige Monate nachdem der alkoholkranke Werwolf-Cop Lou Garou die Kleinstadt Woodhaven von Reptilienmonstern gesäubert hat, läuft für den haarigen Arm des Gesetzes wieder alles nach Plan, wenn auch nicht nach Vorschrift: Als Polizeichefin ist seine ehemalige Partnerin Tina vor allem damit beschäftigt, die Kollateralschäden zu verwalten. Nachdem der schurkische Geschäftsmann Sydney Swallows (!) seine Darkstar-Bierbrauerei (!!) wieder eröffnen will, muss der WolfCop erneut ran. Mit ANOTHER WOLFCOP schafft Lowell Dean das nicht ganz Unmögliche, aber dennoch selten Erreichte: Eine Fortsetzung, die das Original übertrumpft.

Österreich-Premiere
NOVA SEED
J/CDN 2016 // 64 Min
Regie Nick DiLiberto
mit Mit den Stimmen von Joe DiLiberto, Nick DiLiberto, Shawn Donovan u.a.
Format DCP / Sprache OF

In einer dystopischen Zukunft soll der Mensch-Tier-Hybrid NAC dem finsteren Mindskull das Handwerk legen. Der Schurke ist im Besitz von Nova Seed, einem humanoiden Wesen mit der Fähigkeit, das Brachland zum Grünen und Blühen zu bringen. NOVA SEED wirkt wie eine Grußbotschaft aus einer anderen Zeit: Nick DiLiberto zeichnete über einen Zeitraum von vier Jahren jeden einzelnen der über 60.000 Kader (!) des Films eigenhändig. Das Ergebnis ist eine augenöffnende Erfahrung in Trip-Farben und unterlegt von einem pulsierenden Synthie-Score: Das Love-Child von Samstagvormittags- Cartoons, Vintage-Anime und dem Heavy Metal-Magazine.

WITHOUT NAME
IR 2016 // 93 Min
Regie Lorcan Finnegan
mit Alan McKenna, Niamh Algar, James Browne u.a.
Format DCP / Sprache OF

Der Wald, unendliche Weiten. Mittendrin Eric, der im Auftrag eines Unternehmens einen urigen Forst begutachten soll. Schon viele hätten das versucht, erzählen ihm die Einheimischen, aber der dunkle Wald ließe sich genauso wenig vermessen wie benennen. Anfangs tut Eric all das als Folklore ab, aber bald kriecht das dichte Grün auch durch sein Sensorium, produziert Wahn und Ekstase. Märchenhafte Kreaturen und Monster sollte man nicht erwarten, vielmehr blickt WITHOUT NAME auf das Fantastische vor unseren Füßen: Im Wald der flüsternden Bäume, dunklen Silhouetten und narrischen Schwammerln kann man sich selbst finden oder für immer verlieren.

Österreich-Premiere
THE AUTOPSY OF JANE DOE
GB/US 2016 // 86 Min
Regie André Øvredal
mit Emile Hirsch, Brian Cox, Ophelia Lovibond u.a.
Format DCP / Sprache OF

Draußen geht der Sturm und auch im Keller eines traditionsreichen Bestattungsunternehmens ist vieles in Bewegung. Eine frische Leich’ liegt am Tisch und Vater und Sohn Tilden kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Äußerlich ist der Körper unangetastet, nichts weist auf die schweren inneren Verletzungen hin, ganz zu schweigen davon, dass bei dieser Jane Doe keine Leichenstarre eingetreten ist. TROLLHUNTER-Regisseur André Øvredal führt einen mit sicherer Hand durch sein sinistres Schauerkabinettstück. Man springt und zittert und lacht und schreit und weiß: Filme wie dieser sind der Grund, weshalb man dem Horrorkino verfallen ist. Liebe!

THE MISANDRISTS
D 2017 // 91 Min
Regie Bruce LaBruce
mit Susanne Sachsse, Viva Ruiz, Kembra Pfahler u.a.
Format DCP / Sprache OF

1999, irgendwo in Ger(Wo)many: Zwei Nachwuchsrekrutinnen der Female Liberation Army (FLA) verstecken den jungen Volker im Keller ihrer „Schule“. Problem daran: Direktorin Big Mother darf unter keinen Umständen davon erfahren. Denn sie fantasiert von einer männerlosen Welt und ermuntert ihre Jüngerinnen zum Dreh eines Lesbenpornos, der die Welt auf die Eroberung durch die FLA einstimmen soll. Queercore-Ikone Bruce LaBruce kritisiert in seiner campen Satire THE MISANDRISTS durchaus nuanciert feministischen Essentialismus, umarmt aber gleichzeitig das männerlose Utopia irgendwo in der deutschen Einöde und stolpert zeitweise selbst als Nonne durchs Bild.

Europa-Premiere
THE DWARVES MUST BE CRAZY
Krasue Krung Khon
THAI 2016 // 92 Min
Regie Bin Bunluerit
Format DCP / Sprache OmeUAufstand im Zwergenland: Nach dem unklugen Verzehr von verdächtig bunt leuchtenden Schnecken verwandeln sich etliche Einwohner eines abgeschiedenen Dschungeldorfs in Krasue, Geisterwesen, die als abgetrennte Köpfe mit heraushängenden Eingeweiden durch das dichte Grün fliegen und ihren Opfern mit Vorliebe in den Arsch beißen. Eine Truppe mutiger Zwerge sagt den butt-munching demons den Kampf an. THE DWARVES MUST BE CRAZY nimmt keine Gefangenen: Eine tiefer gelegte Slapstick-Komödie inklusive dazugehöriger Sound-Effekte, in der so gut wie alles Platz hat – Dwarfsploitation, eine Musical-Nummer und natürlich die Waldgeister mit Derrière-Fixierung.

TICKETS

  •   9,00 € — Einzelticket (freie Platzwahl)
    48,00 € — Kombi-Preis für 6 Tickets (max. 2 Tickets pro Vorstellung)
    88,00 € — /slash einhalb-Pass (gültig für alle Vorstellungen, limitierte Anzahl, nur im Filmcasino erhältlich!)
  • Die Filmcasino 10er- und 5er-Blöcke sind während des Festivals leider nicht gültig.
  • Vorverkauf ab 21. April 2017 | 19:00
  • Karten erhältlich im Filmcasino sowie online auf slashfilmfestival.com. Die Kassa öffnet während des Festivals
    eine Stunde vor der ersten Vorstellung. Reservierungen sind nicht möglich.

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