LOVE WILL TEAR US APART.
Joy Divisions Welthit und der österreichische Pop-Act Hearts Hearts haben auf den ersten Blick so viel gemeinsam wie Liebe und Club-Mitgliedschaften. Pikanterweise ist jedoch das bis heute unveröffentlichte Demo, welches Hearts Hearts geheißen und der Band ihren Namen gegeben hat, von jener schroffen Schönheit, die den britischen Dark-Wave-Ikonen um Ian Curtis anhaftet. Seit 2015 ist die beherzte Wortdopplung jedenfalls ein offizielles Paar, unter dem David Österle, Daniel Hämmerle, Peter Paul Aufreiter und Johannes Mandorfer ihre Musik veröffentlichen. Diese war schnell bekannt dafür, „um die Ecke“ zu funktionieren, hielt abstrakte Lebensschau und wurde dafür von den einen gefeiert und von anderen abgewunken. „Radiohead gibt’s schon“, hat es geheißen. Was seither passiert ist, sucht noch passende Beschreibungen, da Hearts Hearts am Weg zu ihrem dritten Studioalbum „Love Club Members“ (Parramatta, 2021) eine unglaubliche Öffnung durchlaufen haben.
Es ist den vier Musikern nicht nur musikalisch eine ganze Knopfleiste aufgegangen, sondern Album Drei — und das ist für einen Pop-Act höchst ungewöhnlich — spricht erstmals das Wort und Thema „Liebe“ aus. Keine Ecken, keine Umwege, aber auch keine Plattheiten. Die Skurrilität, mit Liebe spät als Novum aufzutricksen, wollten Hearts Hearts im vorliegenden Albumtitel verewigt wissen und lachen entspannt darüber. Auch weil sie wissen, dass sich an die vermeintliche Banalität mit jedem Hören etwas emotional Tieferes knüpft. Seit dem ungewohnt akustischen „Some Oceans Away“ im Frühling 2020 hat die Band gut portionierte Wellen an Überraschungen im Single-Format losgetreten und erreichte mit „Wild at Heart“ die Spitze der FM4-Charts. Tatsächlich drehen sich die höchst unterschiedlichen Stücke auf „Love Club Members“ sogar recht konsequent um ein Ich und ein Du, das sich über die Laufzeit von gut 37 Minuten mehrfach schön in Beziehungen setzt. Elf leuchtende Liebes-Fiktionen sind’s geworden, die hier — mit vielen versteckten Kompositionen und Songfragmenten verwoben — ein spannend zeitenthobenes Hybrid eines Albums ergeben. Ob sich die Band am neuen alten Lieblingsthema tatsächlich zerreißt, wird sich zeigen. Live könnte es schon heiß hergehen.
MEMBERS ONLY?
Wer die vier Musiker kennt, weiß, dass ein Credo ihre Arbeitsweise lange Jahre umspannt hat: Bis zum Mastering wird nichts aus der Hand gegeben. Vom Songwriting bis zum finalen Mix hieß Meinungsfreiheit nicht die Prozesse für, sondern von anderen Perspektiven und Eingriffen freizuhalten, um eigene Gedankenschlösser nicht verhandeln zu müssen. Hearts Hearts haben jedoch dazugelernt und sind für „Love Club Members“ im Schreiben, Mixen und Produzieren songbezogene Kooperationen eingegangen. Das Resultat reicht von Marco Kleebauers spezifischem Drum-Universum in „Easy“ über die Handschriften von Andreas Häuserer (AVEC), Nikola Paryla und Lea Santee in den jüngeren Single-Produktionen, bis hin zum knalligen Featuring von Indie-Shooting-Star OSKA in „The Fan“, die David Österle bittersweet die kalte Schulter zeigt.
„Love Club Members“ klingt wie ein echter Befreiungsschlag, bei dem die methodische Öffnung etwas Entscheidendes mit den Songs gemacht hat. Das Album, als Schlusspunkt vieler Umbrüche, dürfte der Band ein weitaus breiteres Publikum erlauben. Man darf gespannt sein, was die Entwicklungen der letzten Monate für Hearts Hearts noch bedeuten werden.
LOVE CLUB MEMBERS erscheint am 26. März via PARRAMATTA (Vertrieb Sony)
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