Die Viennale freut sich, bereits heute Eröffnungs- wie Abschlussfilm des diesjährigen Festivals bekannt zu geben.
Das Festival wird am Donnerstag, 17. Oktober mit dem französischen Film C’EST PAS MOI (IT’S NOT ME) von Leos Carax eröffnet.
C’EST PAS MOI ist ein unkonventioneller, essayistischer und sehr persönlicher Film von Leos Carax, der in gerade einmal 42 Minuten Autobiografie, Filmgeschichte und Zeitgeschichte miteinander verknüpft. Dabei macht sich der Regisseur blitzgescheite Gedanken über sein Medium, seine Vorbilder wie Vertov, Chaplin und Godard, und erschafft einen lebendigen Mix aus cineastischen Einflüssen. Eine vielschichtige Reflexion über Liebe, Schönheit und Kino.
“C’EST PAS MOI von Leos Carax habe ich als Eröffnungsfilm ausgewählt, weil er sich wunderbar in das kinematografische Universum einfügt, das ich im Programm der Viennale repräsentiert sehen möchte”, so Viennale Direktorin Eva Sangiorgi. “In der Tat handelt es sich um einen Film, der der Tradition des Autorenkinos Tribut zollt und insbesondere Jean-Luc Godard seine Reverenz erweist. Auf diese Weise ist er verknüpft mit einem zutiefst politischen, forschenden Kino, das sich die Form des Filmemachens selbst zum Gegenstand der Reflexion wählt. Zugleich ist C’EST PAS MOI ein filmisches Selbstbekenntnis, das vermittels der Arbeiten eines großen Auteurs wie Carax persönliche Erinnerungen mit gemeinschaftlichen zu einem historischen Bewusstsein verbindet. Es ist ein Film, der eine Ethik seines Handwerks formuliert, die ich auch zu meinem Manifest für diese Festival-Ausgabe erklären möchte. Und ich bin sicher, dass das Viennale-Publikum die Ironie dieses außerordentlich intelligenten Spiels mit Bildern zu schätzen wissen wird.”
Zum Wiederholungsscreening von C’EST PAS MOI wird der Hauptdarsteller Denis Lavant in Wien erwartet.
Im Rahmen der traditionellen Abschlussgala des Festivals, die am 29. Oktober stattfindet, wird der Gewinner des Goldenen Bären bei der Berlinale 2024 gezeigt: DAHOMEY von Mati Diop (Frankreich/Senegal/Benin 2024).
DAHOMEY thematisiert die Rückgabe von 26 während der Kolonialzeit geraubten Schätzen an den heutigen Staat Benin und gibt den Objekten sowie der jungen afrikanischen Generation eine Stimme. Im Mittelpunkt des Films steht eine Diskussion von Studierenden der Université d’Abomey-Calavi, die den historischen Kontext reflektiert.
“DAHOMEY ist ein wertvoller Film, der einen wichtigen Beitrag dazu leistet, Überreste des postkolonialen Erbes abzutragen”, meint Eva Sangiorgi. “Er bietet der Vielstimmigkeit der Gedanken und Reflexionen jüngerer Generationen Raum und würdigt ihre Klarheit und Energie. Mati Diop hat Mut bewiesen, als sie sich auf diese Reise machte. Und es ist erfreulich und befriedigend, dass sie dafür bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Ich möchte die Viennale mit diesem Film abschließen, weil in ihm viele der Überlegungen, die vom diesjährige Programm angestiftet werden, zusammenfließen. Wir fahren fort entlang der Grenzen und Ränder über Machtverhältnisse und ökonomische Ausbeutung nachzudenken: Probleme, die wir in unserer Zeit konfrontieren müssen.”
VIENNALE-TRAILER 2024
A film by Radu Jude (Rumänien/Österreich 2024, 2 min)
Eine Frau in Tracht beginnt in einem kleinen Veranstaltungsraum eine Melodie auf einem Tambal (Hackbrett) zu spielen. Bald versteht man den so eigenwillig wie cleveren und gewitzten Gruß, den uns Radu Jude aus seiner Heimat nach Wien schickt: es ist die Tritsch-Tratsch-Polka von Johann Strauss, die die in Rumänien bekannte Folk-Musikerin Nicoleta Tudorache mit Verve zum Besten gibt – und die man so sicher noch nie gehört hat.
Aber was führt der intellektuelle Spaßvogel Radu Jude, nie um einen satirischen Seitenhieb verlegen, im Schilde? Ist es Wertschätzung? Ein Scherz? Eine Anspielung auf die Debatten zu kultureller Aneignung?
„Dieses Instrument wird normalerweise mit der Roma-Minderheit in Verbindung gebracht“, erläutert der Filmemacher, „und ich freue mich sehr zu zeigen, wie Johann Strauss darauf klingt. Ich habe gesehen, wie ein steifes, perfekt gekleidetes Publikum in einem Wiener Konzertsaal die klassische Orchesterversion des Stückes aufgenommen hat, und da Kino immer noch eine populäre Kunst ist, ziehe ich es vor, es von Frau Tudorache auf einem Tambal spielen zu lassen. Das ist sicherlich lebendiger und lustiger.“
„Radu Jude ist einer der überraschendsten Gegenwartsregisseure Europas“, so Viennale Direktorin Eva Sangiorgi. „Es bedeutet mir sehr viel, dass er unsere Einladung angenommen hat, den Trailer für die 62. Viennale zu schaffen. In diesem Wahljahr ist es sinnträchtig, sich mit den Konzepten von Nationalität und kulturellem Eigentum zu beschäftigen. Und so lädt denn auch dieser verspielte, dabei doch blitzgescheite kurze Film zu politischer Reflexion ein, während er zugleich jegliche intellektuelle Aufgeblasenheit herausfordert. Am Vorabend des Strauss-Jahres 2025, in dem der 200. Jahrestag der Geburt des ikonischen österreichischen Komponisten extensiv gefeiert werden wird, feiere ich diese ent-heiligende Einladung zur kulturellen Aneignung, diesmal – in einer umgekehrten Plünder-Bewegung – eines Symbols der westlichen Musikkultur.“
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