BERLINALE: die Bären sind vergeben und es lag quasi auf der Hand, dass 2016 ein Film gewinnen wird, der sich mit Thematik Flüchtlinge befasst – voila, Goldener Bär für: Fuocoammare! Fuocoammare (italienisch für Feuer auf See) ist ein italienischer Dokumentarfilm von Gianfranco Rosi nach einer Idee von Carla Cattani aus dem Jahr 2016. Er zeigt das Leben auf der Insel Lampedusa, wohin sich seit Jahren vorwiegend afrikanische Geflüchtete über das Meer aufmachen.
George Clooney wurde in der Pressekonferenz zu Hail, Caesar! noch die Frage gestellt, warum er einen lustigen Film und nicht einen weiteren politischen oder „Syriana 2“ macht. Zum Punkt lustig: für uns eher zum Lächeln, Schmunzeln, teilweise klamaukhaft. Ein Meisterwerk ist „Hail, Caesar!“ kaum und kommt trotz Traumbesetzung mit viel zu wenig Screentime für Tilda Swinton nicht an Big Lebowski heran.
Best scene: ein tanzend und singender Channing Tatum im Matrosenlook. Die Coens durften schon mit True Grit 2011 eröffnen, die aktuelle Komödie lief außer Konkurrenz.
Ein Gewinnerfilm ist allerdings Smrt u Sarajevu (Death in Sarajevo), der großteils in einem Hotel spielt. Ein Mitarbeiterstreik bringt die Rede eines VIPs in Gefahr – viele Verstrickungen, nachvollziehbar, traurig gut.
Dies ist auch The Commune von Thomas Vinterberg, doch eher in Bezug auf die darstellerische Leistung von Trine Dyrholm, die gerechtfertigt mit dem Silbernen Bären von Meryl Streep für die beste weibliche Hauptrolle ausgezeichnet wurde.
Der Film im Vergleich zu früheren, depressiven Berlinale Meisterwerken wie Submarino eher enttäuschend und auch sehr klamaukhaft, fast 2 Stunden Community-Leben mit allen ups und downs – eher anstrengend.
Ein beachtenswerter, lieber Film im Wettbewerb war Quand on a 17 ans (Being 17) von André Téchiné. Wir lernen die beiden Jungs Damien und Thomas am Anfang von 3 Trimestern kennen. Sie können sich wenig leiden und begegnen sich durch Bein stellen, stalken oder schlägern. Im 2. Teil herrscht schon mehr Respekt und Hilfe und zuletzt überwiegt sogar die Liebe.
Soy Nero ging leider leer aus, Rafi Pitts nahm erneut als Regisseur am Wettbewerb teil. Er hat einen zeitgemäßen Film hinsichtlich Ausgrenzung und Vorurteilen gegenüber Hautfarbe, Geburt und Herkunft sowie amerikanischer Zugehörigkeit gemacht.
Sektion Panorama brachte Jonathan mit tollen Leistungen von Jannis Niewöhner, der richtig erwachsen geworden ist und André Hennicke hervor. Wie schon bei „Being 17“ – ein spätes oder aufgedecktes Outing und wie damit umgegangen wird bzw. welche Schwierigkeiten die Beteiligten damit haben.
Goat zeigt den sympathischen Nick Jonas als Schauspieler und dieser enttäuscht keineswegs. Das Aufnahmeritual mit seinem filmischen Bruder in eine Studentenverbindung zeigt das wahre Ich von zukünftigen Entscheidungsträgern und die Gewaltbereitschaft junger Amerikaner. James Franco darf cameo-artig auch Dampf ablassen.
Aloys hat den Fipresci Preis in der Sektion Panorama gewonnen. Der Film geht in schweizerischer Manier in einem ruhigeren und geselligen Tempo voran, Georg Friedrich als allein agierender, eigenbrötlerischer Privatdetektiv, nach dem Tod seines Vaters, ist allerdings positiv zu erwähnen.
Die Special Gala Abende waren geprägt durch Michael Moores neuem und besseren Dokumentarfilm Where to invade next sowie Cynthia Nixons Verkörperung von der Schriftstellerin Emily Dickinson in A quiet Passion – ein Kostümfilm mit Wortwitz und spitzen Tönen, den wir allerdings im April wieder aufgrund etwas antiker Machart wieder aus unserem Gedächtnis streichen werden.
Platz machen wollten wir hier für Don Cheadle, Regisseur und Hauptdarsteller in Miles Ahead. Diese coole, freche, lässige Darstellung von Jazztrompeter Miles Davis verdient es nach der „Ausblendung“ schwarzer Darsteller für den Oscar 2016 auf jeden Fall für eine Schauspielnominierung im nächsten Jahr. Hinsichtlich Regie gibt es noch viel Luft nach oben.
Ewan McGregor als Rolling Stone Reporter mit langen Haaren ist übrigens ein sehr gutes Kurt Cobain Double, doch da hatten wir doch schon Michael Pitt in Gus Van Sants Last Days.
Oder vergisst man auf die Nominierung wie dieses Jahr auf Jake Gyllenhaal in Southpaw?
Review by hennesy.cc
X