Das Queer Film Festival identities (11. bis 21. Juni) ist Wiens zweitgrößtes Filmfestival und findet schon seit 1994 alle zwei Jahre im Filmcasino als Hauptspielstätte statt.
Heuer neben vielen anderen Highlights mit dabei: Hoje eu quero voltar sozinho (The Way He Looks) eine wunderbar sommerliche Coming-of-Age Geschichte aus Brasilien.
Kate Bornstein Is A Queer & Pleasant Danger zeigt die selbst ernannte Tranny Granny als wegweisende_n Künstler_in, Theoretiker_in und Aktivist_in der Trans*Bewegung.
Mariel Hemingway trainiert in Personal Best als Leichtathletin für Olympia, in Sarah préfère la course dreht sich alles ums Laufen und zugleich Erwachsenwerden der 20-jährigen Protagonistin. BEyouTIFUL vereint sieben Kurzfilme zum Thema Anderssein für Kinder und Erwachsene und Alice Walker: Beauty in Truth beschreibt das Leben der Pulitzer-Preisträgerin Alice Walker in Anwesenheit von Pratibha Parmar und Shaheen Haq.
Alle Infos zu Programm, Events und Gästen unter www.identities.at oder Facebook
Kartenvorverkauf im Filmcasino täglich von 18:00 – 21:00 Uhr – (für einige Vorstellungen werden die Karten bereits knapp.)
Bereits restlos ausverkauft ist die Weltpremiere von FtWTF am 18. Juni. Mit großer Freude geben wir deshalb den ersten Wiederholungstermin des Best-of-Days am SONNTAG, 21. Juni bekannt: FtWTF von Cordula Thyms und Katharina Lampert wird an diesem Tag um 18.00 Uhr im Filmcasino wiederholt. Karten sind bereits erhältlich.
Weitere Filme werden am SONNTAG, 21. Juni 2015 im FILMCASINO wiederholt: Regarding Susan Sontag und Appropriate Behavior
hennesy.cc hat schon vorab dem Festivalbeginn für euch einige Filme in Augenschein genommen.
REGIE: Bruce LaBruce
Buch: Bruce LaBruce, Daniel Allen Cox
Kamera: Nikolas Canniccioni
Schnitt: Glenn Berman
Musik: Ramachandra Borcar
Produktion: Nicolas Comeau, Leonard Farlinger, Jennifer Jonas
Mit: Pier-Gabriel Lajoie, Walter Borden, Katie Boland, Marie-Hélène Thibault u.a.
CAN 2013, DCP, Farbe, 83 min, englische OmdU
Wird am 18.06. um 22:15 Uhr im Topkino gezeigt!
Inhalt:
Aus Kanada kommen oft besondere Meisterwerke, so auch Gerontophilia von Skandal-Maestro, Provokateur und Teddy-Preisträger Bruce LaBruce (Hustler White,The Raspberry Reich). Statt wie bisher auf einen sexuell expliziten Trashfilm zu setzen, beweist LaBruce, dass er auch anders kann und erzählt auf liebevolle Weise die Geschichte des bildhübschen 18-jährigen Lake, der seine Vorliebe für ältere Männer entdeckt. Als Pfleger kommt er dem charmanten und charismatischen Mr. Peabody (wundervoll gespielt von Walter Borden) näher und beschert dem Grand Seigneur einen zweiten Frühling. Ein romantisches Roadmovie ganz im Stil von Harold & Maude – kühn, zärtlich und herausfordernd, doch gleichzeitig humorvoll und herzlich.
hennesy.cc sagt:
Der Begriff Gerontophilie bezeichnet die sexuelle Vorliebe für alte Menschen. Anders als in früheren Filmen schlachtet LaBruce sein Filmthema nicht pornografisch aus, sondern inszeniert eine rührselige, schräge Komödie, gegen jede Heteronormativität.
Der 18-jährige Lake, der eigentlich eine Freundin hat, eine alkoholkranke Mutter und zu alledem ein Helfersyndrom, entdeckt seine sexuelle Präferenz eher zufällig. Er lebt sie von da an bei seinem Job in einem Pflegeheim aus und verguckt sich in den über 80-Jährigen Mr. Peabody.
Provokant ist Gerontophilia maximal durch das Tabu-Thema einer Liebe zwischen Jung und Alt, der homosexuelle Aspekt juckt dabei wohl nur die prüdesten Kleingeister. Der Regisseur will hier offensichtlich kein unnötiges Fass aufmachen und inszeniert seine Liebesgeschichte trotz ihrer natürlich ungewöhnlichen Voraussetzung als relativ „normal“.
Bruce LaBruce beweist mit Gerontophilia, dass er mehr auf dem Kasten hat als ausschließlich in der Rolle der Skandalnudel über die Stränge zu schlagen. Er enttabuisiert das Thema im Film durch seine diskrete Herangehensweise und unterstreicht, worauf es im Leben wirklich ankommt. Zu lieben und geliebt zu werden. Egal, wen und von wem. Egal, wen das stört oder eben nicht. Die Geschichte um diese schöne Botschaft ist dann leider etwas dünn geraten, weshalb Gerontophilia nicht uneingeschränkt zu empfehlen ist, aber seine Chance durchaus verdient hat.
7/10 Punkte
HOJE EU QUERO VOLTAR SOZINHO (The Way He Looks)
REGIE: Daniel Ribeiro
Buch: Daniel Ribeiro nach seinem Kurzfilm I Don’t Want to Go Back Alone
Kamera: Pierre de Kerchove
Schnitt: Cristian Chinen
Musik: Daniel Turini, Fernando Henna
Produktion: Diana Almeida
Mit: Ghilherme Lobo, Fabio Audi, Tess Amorim, Eucir de Souza, Isabela Guasco, Selma Egrei, Lucia Romano
BRA 2014, DCP, Farbe, 95 min, OmdU
Wird am 12.06. um 18:00 Uhr im Filmcasino gezeigt!
Inhalt:
Sie will Drama, er will die erste Liebe. Leonardo und seine beste Freundin Giovana verträumen ihre Sommerferien am Pool wie hunderte anderer brasilianischer Jugendlicher. Leonardo diskutiert mit seinen Eltern darüber, wie lange er ausgehen darf, wo er hingehen darf und wo nicht, ob er an einem Austauschprogramm teilnehmen kann und warum die Mutter so gluckenhaft beschützend hysterisch wird, wenn er erst nach Hause kommt, wenn es schon dunkel ist. Ganz normaler Teenie-Alltag. Und das macht Hoje eu quero voltar sozinho aus: Leonardos Leben ist ganz normal. Auch wenn etwas entscheidend anders ist: Für ihn ist es immer dunkel, egal zu welcher Uhrzeit. Leonardo ist blind.
hennesy.cc sagt:
Ein Film über einen blinden Jungen, der entdeckt dass er schwul ist, das schreit nach grossem Sozial-Drama – The Way He Looks ist es zum Glück nicht. Dieser Film behandelt beide Themen ohne sie zu bagatellisieren, aber auch ohne sie zu dramatisieren. Viel eher stellt der Film die Frage, was wichtig ist beim Verlieben, gerade wenn dieses „Sich-gegenseitig-Ansehen“ kein Kriterium ist. Der Regisseur Daniel Ribeiro drückt es folgendermassen aus:
„The movie is about a teenager boy discovering his sexuality but it does not focus on its sexual orientation. No doubt Leonardo being gay is a major aspect, but less important than experiencing his first love, his first desires and all new experiences brought by adolescence. I wanted to create a universal story that, gay or straight, blind or not, everyone would be able to relate to what Leonardo goes through“. (Der Film handelt von einem verliebten Teenager, der seine Sexualität entdeckt, ohne dass dabei die sexuelle Orientierung im Fokus steht. Ohne Zweifel ist es ein wichtiger Aspekt, dass Leonardo schwul ist, aber weniger wichtig als das Erleben der ersten Liebe, der ersten Begierde und allen anderen ersten Erfahrungen die das Teenager-Alter mit sich bringt. Ich wollte eine Geschichte erzählen mit der sich jeder identifizieren kann, egal ob schwul oder hetero, blind oder sehend).
Um The Way He Looks zu einem mit allen Sinnen erfahrbaren Film zu machen, findet der Regisseur auch passende stilistische Mittel. Wiederkehrende musikalische Motive deuten dann zum Beispiel Gefühlszustände an oder die Kamera fährt ganz nah an die Figuren heran. Plötzlich wird ihr Atem hörbar und die Textur ihrer Kleidung so detailliert sichtbar, dass wir meinen, den Stoff selbst unter den Fingern zu spüren.
Die Nähe zu den Figuren, die besondere Perspektive ist so ansteckend, dass sogar Standardszenen plötzlich in einem neuen Licht erscheinen. In jedem Coming of Age-Film ist eine Partyszene unvermeidlich, und es ist auch nicht ungewöhnlich, dass der Protagonist dabei herzlich wenig mit seiner Umgebung und den fröhlich aufgelegten Mitmenschen anfangen kann. Hier haben wir es aber nicht einfach nur mit einem übellaunigen Teenager zu tun, sondern versuchen uns, sensibilisiert durch die sinnliche Machart des Films, in den Protagonisten ganz neu einzufühlen. Und bei allen kleinen Katastrophen, die Leo, Giovana und Gabriel so durchleben müssen, überträgt sich ihre Sicht auf die Dinge, ihre Lebenslust auf uns – ganz so, als hätten wir bei der gemeinsamen Radtour doch den nächtlichen Sommerwind São Paulos auf unseren eigenen Gesichtern gespürt. The Way He Looks ist der reinste Feel-Good-Movie.
10/10 Punkte
REGIE: Diego Araujo
Buch: Diego Araujo
Kamera: Magela Crosignani
Schnitt: Julián Giulianelli, Diego Araujo
Musik: Daniele Luppi
Produktion: Hanne-Lovise Skartveit
Mit: Juan Manuel Arregui, Andrés Paredes, Manuela Merchán, Canela Samaniego, Irwin Ortiz, Francis Pérez Uscocovich, Cristina Morrison
ECU/ARG 2014, DCP, Farbe, 82 min, spanische/Quechua OmdU
Wird am 19.06. um 22:00 Uhr im Filmcasino gezeigt!
Inhalt:
1999 kollabierte nach einem Korruptionsskandal das ecuadorianische Bankensystem. Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse begleitet der Film den unfreiwilligen Ferienaufenthalt des 16-jährigen Juan Pablo bei der Familie seines reichen Onkels. Mit dem korrupten Banker, der sich wegen der Proteste in sein Refugium in den Anden zurückgezogen hat und dessen ungehobelten Söhnen kann der nachdenkliche Juan Pablo nicht viel anfangen. Nachts beobachtet er, wie Helfer seines Onkels brutal einen Mann misshandeln, der sich an ihren Autos zu schaffen gemacht hat. Nachdem Juan Pablo einem Begleiter des Opfers zur Flucht verhilft, verbindet die beiden bald nicht nur diese gemeinsame Erfahrung. Juano, der junge Mann aus dem nahe gelegenen Pueblo, fährt ein altes Motorrad, verdient sein Geld mit Reifenflicken und hört Heavy Metal. Juan Pablo findet den Mut, seinen bislang unbekannten Gefühlen für den attraktiven Juano nachzugehen, ohne zu wissen, ob sie erwidert werden. Es sind Wochen, in denen nicht nur sein Land unruhige Zeiten erlebt. Auch bei Juan Pablo selbst gerät vieles ins Wanken.
hennesy.cc sagt:
Lana Del Rey meets Pocahontas. Der 16-jährige Juan Pablo, genannt „Juampi“, muss gezwungenermaßen seine Ferien auf der abgelegenen Hacienda seines Onkels in den Anden verbringen.
Seine Cousins ziehen den leicht androgynen Juampi auf.
Er schleicht sich von der Party und lernt Juano kennen. Der findet, dass Juampis düstere Gedichte so klingen wie die harte Gothic Music, die er liebt. Doch Juampi missversteht die Zuneigung. Es folgt zwar ein Kuss, aber die große Liebe/Leidenschaft bleibt (auch dem Film) fern. Leider folgt der Film etwas vorhersehbar der Blaupause so vieler Coming-out-Kurzfilme à la „Schwuler Junge verliebt sich in den besten Hetero-Freund und findet zu sich selbst“. Zumindest ist es der erste Queer-Movie aus Ecuador, es kann nur besser werden.
3/10 Punkte
REGIE: John Krokidas
Buch: John Krokidas, Austin Bunn
Kamera: Reed Morano
Schnitt: Brian A. Kates
Musik: Nico Muhly
Mit: Daniel Radcliffe, Dane DeHaan, Michael C. Hall, Jack Huston, Ben Foster, David Cross, Jennifer Jason Leigh, Elizabeth Olsen
USA 2013, DCP, Farbe, 104 min
Inhalt:
Im Kriegsjahr 1943 kommt Allen Ginsberg an die Columbia Universität in New York. Während in Übersee große Schlachten geschlagen werden, kämpft der Sohn des Dichters Louis Ginsberg an eigenen Fronten: Die Ehe der Eltern droht an den psychischen Leiden seiner Mutter Naomi (Jennifer Jason Leigh) zu zerbrechen, und die Verwirklichung seiner literarischen Ambitionen scheint Allen ebenso unmöglich wie das offene Bekenntnis zur Homosexualität. Doch dann lernt er den Kommilitonen Lucien Carr kennen, einen charismatischen Außenseiter im akademischen Betrieb. Der attraktive, sexuell ambivalente Lothario zeigt Allen ein anderes New York; das der Jazzclubs, verrufenen Bars und von Alkohol und Aufputschmitteln befeuerten Querdenker_innen. Hier bilden Lucien und Allen bald zusammen mit dem exzentrischen, Drogenexperimenten zugeneigten William S. Burroughs und dem impulsiven Abenteurer Jack Kerouac einen intellektuellen Zirkel abseits des Establishments.
Unter dem Begriff der „New Vision“ verfassen sie ein Manifest für die radikale Erneuerung der Literatur und brüskieren die Gralshüter des akzeptierten Geschmacks, indem sie die prunkvoll ausgestellten Erstausgaben in der Bibliothek gegen Bücher zensierter Autoren wie Henry Miller austauschen. Aber so sehr sich die kreativen Komplizen aneinander – und anderweitig – berauschen, so deutlich werden zugleich die Differenzen zwischen ihnen. Vor allem Lucien erweist sich als getriebener Charakter, belastet von unausgesprochenen Konflikten. Dazu zählt seine rätselhafte, durch gegenseitige Abhängigkeit geprägte Beziehung zu dem älteren Akademiker David Kammerer. Sie mündet in eine Tragödie, die entscheidend für das weitere Schicksal der Beats sein soll.
hennesy.cc sagt:
Die erste Szene und gleich der erste Lacher. Daniel Radcliffe steht in der elterlichen Küche und fegt mit dem Besen einmal durch. Es bleibt die einzige ironische Anspielung auf das Potter-Universum. Denn es geht hier eigentlich um etwas ganz Anderes: Er spielt den 18-jährigen Allen Ginsberg, der die bedrückende Enge seines Elternhauses mit einer psychisch labilen Mutter und einem selten anwesenden Dichter-Vater verlässt, um an der Columbia University in New York zu studieren. Bei einer Bibliotheksführung lernt er Lucien Carr kennen, der aus frivolen Werken Henry Millers zitiert, die für die Studierenden eigentlich gesperrt sind. Er bewundert den selbstbewussten und faszinierenden Kommilitonen. In seinem Literaturseminar trifft Allen Lucien wieder und bald ziehen beide gemeinsam durch Jazzclubs und schließen sogar Blutsbrüderschaft.
In den Jazzclubs begeistern farbige Musiker auf der Bühne ihr Publikum und schwule Männer treffen sich trotz Verhaftungsgefahr in Hinterzimmern. Lucien führt Allen hier in einen unkonventionellen Zirkel gleichgesinnter Literaturfreunde ein. Neben dem literarisch begabten Ex-Marinesoldat Jack lernen beide auch William S. Burroughs kennen. Die von der Underground-Szene von Greenwich Village befeuerte Aufbruchsstimmung nutzt Lucien dazu, die Freunde für seine Vision einer Kulturrevolution zu begeistern. Es kommt zu nächtlichen Bootstouren und Einbrüchen in die Giftschränke der Bibliothek. Doch bald schon werden der kreative Rausch nicht nur von Jacks Ehefrau Edie Parker gestört, sondern auch durch Luciens älteren und eifersüchtigen Verehrer, der Lucien mehr und mehr unter Druck setzt. Als Allen erkennt, dass es in seiner Beziehung zu Lucien doch auch die eine oder andere Grenze gibt, wird die kreative Kameradschaft der Gruppe bereits von zahlreichen Spannungen und Konflikten belastet. Nichts davon lässt allerdings erahnen, dass am Ende ein Mord die Freundschaften der Kreativköpfe auf die Zerreißprobe stellt.
9/10 Punkte
REGIE: Ira Sachs
Buch: Ira Sachs, Mauricio Zacharias
Kamera: Christos Voudouris
Schnitt: Affonso Gonçalves, Michael Taylor
Musik: Kent Sparling
Mit: John Lithgow, Alfred Molina, Marisa Tomei, Charlie Tahan, Cheyenne Jackson, Manny Perez, Darren Burrows
USA 2014, DCP, Farbe, 94 min
Inhalt:
Es ist der schönste Tag im Leben der beiden New Yorker: Nachdem sie schon seit fast vier Jahrzehnten zusammen sind, geben sich der Maler Ben (John Lithgow) und der Gesangslehrer George (Alfred Molina) das Jawort. Sie feiern im Kreis der Familie in ihrem schicken Appartement und möchten nun ihren Lebensabend in trauter Zweisamkeit verbringen. Doch als das Bistum, zuständig für die katholische Schule, in der Ben schon seit Jahren als Chorleiter arbeitet, von der Trauung mitbekommt, ist das Glück erstmals vorbei. George wird entlassen, und mit dem halbierten Einkommen können sich die zwei ihre Wohnung nicht mehr leisten. Ihre Familie sucht nach einer Lösung. Denn aus Manhattan rauszuziehen ist keine Option für das Künstlerpaar. So zieht George beim partyverrückten Polizisten-Pärchen Roberto und Ted auf die Couch, während Ben im Kajütenbett des Sohnes seines Neffen ein Plätzchen findet. Dabei wächst nicht nur die Sehnsucht der beiden Turteltauben, sondern es kommt auch zu sonstigen familiären Spannungen. Vor allem Kate (Marisa Tomei), die Frau von Bens Neffen, fühlt sich durch den neuen Mitbewohner in ihrer Arbeit gestört.
hennesy.cc sagt:
George und Ben sind seit 39 Jahren ein unzertrennliches Paar. Nun dürfen sie sich auch offiziell “Mann und Mann” nennen, doch das Glück währt nur für kurze Zeit – denn aufgrund der Hochzeit verliert George seine Anstellung und das frisch verheiratete Ehepaar die gemeinsame Wohnung. Wie George und Ben mit der Situation umgehen, zeigt Love is Strange auf wundervolle Weise.
Passend zur künstlerischen Berufung Bens, der seiner Tätigkeit u.a. auf den Dächern New Yorks nachgeht, wirkt der Film wie ein farbenreiches, jedoch nicht zu überladenes Gemälde. Die politische Thematik rund um die gleichgeschlechtliche Ehe ist zwar Ausgangspunkt der Geschichte, dient jedoch lediglich als Anstoß für mehrere Handlungsstränge. Love is Strange ist eine berührende Liebesgeschichte, von zwei aussergewöhnlichen Schauspielern interpretiert. Regisseur und Drehbuchautor Ira Sachs hat die dramatische Geschichte ohne übertriebenes Pathos inszeniert. Gekonnt umschifft er jede Klippe zum Gefühlskitsch. Die sehr stille, aber nicht allzu originelle Realisation dieser (fast) normalen Liebesgeschichte lebt ganz von der Schauspielkunst der beiden Hauptdarsteller, die ihre Rollen überzeugender nicht hätten spielen können.
8/10 Punkte
REGIE: Panos H. Koutras
Buch: Panos H. Koutras, Panagiotis Evangelidis
Kamera: Hélène Louvart, Simon Sarketzis
Schnitt: Yorgos Lamprinos
Musik: Delaney Blue
Mit: Kostas Nikouli, Nikos Gelia, Aggelos Papadimitriou, Yannis Stankoglou, Marissa Triandafyllidou
GR/F/B 2014, DCP, Farbe, 124 min
Wird am 18.06. um 20:00 Uhr im Topkino gezeigt!
Inhalt:
Der fast 16-jährige Dany (Kostas Nikouli) ist zur Hälfte Grieche, zur Hälfte Albaner. Als seine alkoholkranke Mutter verstirbt, reist er von Kreta nach Athen, um seinem älteren Bruder Odysseas (Nikos Gelia), genannt Ody, die Todesnachricht zu überbringen. Ody droht indes die Abschiebung, da der bald Volljährige nach seinem 18. Geburtstag keine Aufenthaltsgenehmigung mehr hat. Die ungleichen Brüder begeben sich deshalb nach Thessaloniki, wo ihr Vater Lefteris angeblich mit seiner neuen Familie wohnt.
hennesy.cc sagt:
Danny ist 16 Jahre alt und schwul. Nach dem Tod seiner Mutter zieht es ihn von Kreta nach Athen zu seinem älteren Bruder Ody. Zwar sind die beiden in Griechenland zur Welt gekommen, sie gelten dort aber als Albaner. Der leibliche Vater, ein Grieche, hat die Familie schon vor geraumer Zeit verlassen, ohne die Brüder als seine Kinder anzuerkennen. Also begeben sich Danny und Ody auf eine Odyssee durch Griechenland, um so den Vater zu finden – und der Ody auch zu einem Auftritt beim Wettbewerb „Greek Superstar” verhelfen soll.
Regisseur Panos Koutras gelingt eine außergewöhnliche Mischung aus Drama und Komödie, indem er einerseits die unerbittliche nächtliche Unterwelt Athens samt Drogen, Fremdenfeindlichkeit und Straßenstrich beleuchtet, andererseits den sympathischen Charme und Witz wahrer Bruderliebe spielen lässt. Ein berührender, mitreißender Coming-of-Age-Film über Anderssein, familiären Zusammenhalt und Musik von Patty Pravo.
10/10 Punkte
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